Was passiert hier gerade?

13.09.18 12:11 Uhr

Die Folgen einer stressbedingten psychisch-physischen Belastung sind ein sich langsam abbauendes Situationsbewusstsein. Ein gesundes Situationsbewusstsein (situational awarness, kurz SA) ist dadurch gekennzeichnet, die Elemente seiner Umwelt in zeitlichem und räumlichem Umfang wahrzunehmen und diesen Zustand in seiner Bedeutung für die Zukunft zu verstehen (Endlsley,1998).

Aber was bedeutet das eigentlich für mich als Pilot? Vielleicht kennt der ein oder andere die Situation aus der Flugschule oden den ersten Versuchen eines Instrumentenfluges. Die Fülle an zu verarbeitenden Informationen nimmt zu und während eines Fluge müssen wir uns auf immer neue Analysen konzentrieren, zum Beispiel Anfliegen einer VOR, Anschneiden von Radialen, zwischendurch einen Sekunden genauen Vollkreis, aber immer schön auf die Höhe achten. Irgendwann ist unsere Aufmerksamkeit erschöpft und es fällt uns immer schwerer das zu interpretieren, was wir vor uns sehen, sei es objektiv noch so leicht.

Ist man hier erst einmal angekommen, folgt leider all zu oft die Aufgabe. "Ich komme nicht mehr hinter her", "Das ist mir jetzt zu hoch", "Ich habe keine Ahnung mehr, wo ich bin". Wir haben dann unser situatives Bewusstsein vollständig verloren. Die Folge sind falsches und teilweise widersinniges Verhalten, wie zum Beispiel falsche Kurse eindrehen, kurven in die falsche Richtung uvm..

Auch wenn ein Flug augenscheinlich ruhig und planmäßig verläuft, so kann sich durch eine plötzliche Veränderung das Situationsbewusstsein unbemerkt verabschieden. Sei es, dass das Wetter sich verschlechtert, der Zielflughafen kurzfristig nicht angeflogen werden kann oder sich technische Probleme an dem Fluggerät abzeichnen. So ist mir neulich bei einem IFR Anflug das GNS430 plötzlich ausgefallen. Innerhalb von einer Sekunde hatte ich weder Navigation, noch Funk und musste zunächst alle Backups aktivieren.

Jetzt kommt es darauf an, sich nicht von der Situation leiten zu lassen, sondern sein situatives Bewusstsein Stück für Stück wieder zu erlangen, am besten gar nicht erst zu verlieren.

Merken Sie sich hier im Wesentlichen 3 Schritte:

  1. Nehmen Sie sich max. 2-3 Informationen zur Auswertung
  2. Überlegen Sie ganz bewusst, "was steht da", "was bedeutet das" und "was wird passieren, wenn das so bleibt"
  3. Treffen Sie eine Entscheidung, was zu tun ist und kontrollieren Sie immer, ob das auch eintritt. Erst dann folgen weitere Schritte

Beispiel:

  1. Was habe ich auf meinem HSI für einen Kurs eingestellt, fliegt das Flugzeug diese Richtung? Welchen Kurs sollte ich fliegen?
  2. Ist "300" der richtige Kurs oder sollte ich "030" fliegen. 300 Grad bedeutet, ich fliege nach Nord-Westen. Will ich da hin?
  3. Check, ob das Flugzeug stabil diese Richtung verfolgt, dann erfolgt die Bewertung weiterer Fakten

Versuchen Sie diesen Ablauf nach und nach zu wiederholen und alle relevanten Einstellungen somit wieder zu kontrollieren. Vermeiden Sie unbedingt Polypragmasie. Und immer als erstes daran denken: Egal was passiert, first fly the airplane!

Ohne Bewusstsein keine Korrektur!